ein Bericht von Juliane Barthel
Bereits im letzten Sommer war über die internationale RS Aero Klassenvereinigung ein besonderes Event angekündigt worden: Erstmals sollte 2022 eine arktische Meisterschaft stattfinden, und zwar in Akureyri nur knapp 50 km südlich des nördlichen Polarkreises.
Das ganze klang recht spannend und so wurde es schließlich am 19. August 2022 ernst. Mit dem einzigen weiteren deutschen Teilnehmer Peter Haupt und seiner Frau Jana traf ich mich am Flughafen Amsterdam Schiphol um zunächst nach Reykjavik zu fliegen. Nach einer abendlichen Erkundungstour der Stadt ging es am nächsten Morgen mit dem Leihwagen weiter nach Akureyri. Jana, die netterweise die Reiseleitung übernommen hatte, hatte für dieknapp 400 km lange Strecke ein spannendes Programm ausgearbeitet: Verkostung isländischer Gebäckspezialitäten, Wanderung zu einem Wasserfall und Kurzeinführung in die isländische Sagen- und Legendenwelt.
Gegen Nachmittag erreichten wir schließlich Akureyri und fuhren zuerst zum ausrichtenden Verein dem Siglingaklubburinn Nökkvi. Dort waren schon viele fleißige Hände damit beschäftigt die zwei Containerladungen Charter-Aeros für ihren Einsatz vorzubereiten. Der Folgetag war für Training vorgesehen und startete zunächst mit einem onshore briefing bevor es auf das knapp 8°C kalte Wasser des Eyjafjördur ging. Kurz zuvor hatte noch eine Walschule ihre Runden im geplanten Wettfahrtgebiet gedreht, die Isländer versicherten uns jedoch, dass die Tiere sehr friedlich seien. Na gut! Nach Abschluss der Trainingswettfahrten segelten wir in kleinerer Runde noch zum östlichen Ufer des Fjords. Dort gab es einen Wasserfall zu bestaunen, der erst kürzlich entstanden ist. Beim Bau eines Tunnels hatte man versehentlich eine Wasserader getroffen und seither sprudelt dort knapp 30°C warmes Wasser in den Fjord. Am Nachmittag fand die offizielle Eröffnung der Regatta bei einem Sektempfang statt. Neben den Klassen- und Cluboffiziellen ließen auch der Bürgermeister von Akureyri und der Präsident des isländischen Seglerverbandes es sich nicht nehmen die Teilnehmer zu begrüßen, schließlich handelte es sich um die erste internationale Segelregatta in Island seit 25 Jahren. Den Abend nutzten wir noch für einen kleinen Ausflug nach Hauganes. Dort gibt es direkt am Strand mehrere Hot Tubs mit fantastischem Ausblick auf den Fjord und die umliegenden schneebedeckten Berge.
Am Montag starteten nun die Wettfahrten. Da es bei 18 Teilnehmern nur 17 RS Aero gab, musste ein spezielles Format her. Marina Psychogyiou als internationale Wettfahrtleiterin (u.a. bei den olympischen Spielen in Tokyo) hatte sich daher mit ihrem Team eine Lösung einfallen lassen. Pro Wettfahrt musste ein Segler „aussetzen“ und bekam für diesen Lauf den Durchschnittswert seiner sonstigen Platzierungen. Pünktlich um 13 Uhr ging es dann bei strahlendem Sonnenschein und 6-8 Knoten Wind los zur ersten von sieben Tageswettfahrten. Gesegelt wurde ein up&down-Kurs, je 2 Runden mit einer target time von 20 Minuten. Einen hervorragenden Einstieg lieferte Ellie Craig (GBR) mit vier Siegen in Folge. Erst als der Wind im Verlauf des Nachmittags bis 12 Knoten zunahm konnte Peter Barton (GBR) ins Geschehen ganz vorne eingreifen. Aufgrund der guten Organisation durch die Wettfahrtleitung blieben lange Wartezeiten zwischen den Wettfahrten aus und gegen 16.30 Uhr war das Tagessoll erfüllt. Im Team Germany lief es für Peter zum Ende des Wettfahrttages immer besser, bei mir rutschte neben einigen vorderen Platzierungen leider auch ein Streicher mit in die Wertung.
Für Dienstag waren die nächsten sieben Rennen vorgesehen. Die Bedingungen waren ähnlich wie am Vortag, zwischen 6-12 Knoten Wind, kleine Welle und viele Winddreher. In Rennen 9 musste ich aussetzen und hatte so die Gelegenheit das Geschehen vom Motorboot zu beobachten. Zwar eine ungewohnte Perspektive, aber durchaus lehrreich, da die Isländer ein wenig Insiderwissen preisgaben. Sieger des Tages wurde Phil Whitehead (GBR) – 70 Jahre alt und bis vor kurzem Musto Skiff-Segler! Die Gesamtführung hatte nach 14 Wettfahrten Peter Barton übernommen. Am Abend hatte der Nökkvi Sailing Club alle Teilnehmer und Begleitpersonen zum Barbecue eingeladen, traditionell isländisch gab es Lamm. Neben vielen netten Gesprächen konnten auch die internationalen Kontakte weiter ausgebaut werden, es wurden Verabredungen für gemeinsame Trainings getroffen, außerdem folgte eine Einladung für die US Midwinters in Florida.
Der letzte Wettfahrttag begrüßte uns mit Regen und Flaute, sodass es zunächst Startverschiebung an Land gab. Bei durchgehend < 4 Knoten Wind wurden jedoch alle weiteren Wettfahrten schließlich um 15 Uhr abgesagt. Nachdem alle Charterboote abgebaut und zurückgegeben waren, folgte die Siegerehrung. Das Podium war fest in britischer Hand:
1. Platz Peter Barton
2. Platz Ellie Craig, 1. Platz Damenwertung
3. Platz Phil Whitehead
Ich schloss die Regatta auf dem 4. Platz und 2. Platz der Damenwertung ab, Peter wurde 17. Bester isländischer Teilnehmer wurde Dadi Jon Hilmarsson auf Platz 8.
Nach Verabschiedung von den anderen Teilnehmern ging es für uns direkt für weitere dreiTage auf Island-Entdeckungstour, zunächst noch im Norden von Island, dann entlang des Golden Circles im Südwesten zurück nach Reykjavik. Dank Janas gründlicher Reiseplanung sahen wir viele der eindrucksvollsten Naturspektakel, darunter Wasserfälle, Vulkane und Lavawüsten, die Grabenbruchzone der aufeinandertreffenden Kontinentalplatten und natürlich nicht zu vergessen einige der besten Hot Pots und Lagunen in Island.
Insgesamt war es eine fantastische Woche, herzlichen Dank an:
– Peter & Jana Haupt für die großartige Zeit in Islands, speziell auch die perfekte Reiseplanung (Ich würd‘ 5 von 5 Google-Sternen vergeben!)
– Peter Barton (International Class Manager) für die Planung des Events, Organisation vor Ort und Rat & Tat bei allen Problemen
– den Nökkvi Sailing Club für die Gastfreundschaft und die Ausrichtung der Regatta in dieser spektakulären Landschaft
– das Team der Wettfahrtleitung für die professionelle Durchführung der Wettfahrten
Ergebnisliste:
https://www.sailwave.com/results/2022RSAeroArcticChampionships.htm
Fotos von Runar Thor Bjornsson