Dutch Open /Bruinisse / Netherlands

Ein Bericht von Julius Hornung:
Ergebnisse

Die Fahrt von Hamburg nach Bruinisse war zäh— endlos Stau und Baustelle, aber mit Trainingspartner Tim als Beifahrer doch ganz erträglich. Kaum angekommen, sofort weiter mit den anderen Deutschen RS Aero Seglern zum gemeinsamen Dinner im Ort. Danach im Hafen noch bis nach Mitternacht das gerade ausgelieferte Charter Boot ausgepackt und zusammengebaut.

Am nächsten morgen dann der Schock: den ganzen weg hergefahren…und es war flaute. Die lokale Wettfahrtleitung war offenbar anderer Meinung, also schnell mit Frühstück in der Hand in den Neo gequetscht und ab aufs Wasser. 

Pünktlich um 11 wurde gestartet, bei grenzwertigen 5 Knoten Wind. Dafür eindeutig eher Links als Rechts auf der Bahn, das machte zumindest die Taktik einfach. Meinem Masterplan wurde aber gleich bei der ersten Kreuz ein Strich durch die Rechnung gemacht— ich hatte ein dickes Boatspeed-Problem. Durch abgucken von den anderen wurde schnell klar: höhe knüppeln bringt hier nichts. Also Groß auf, und ordentlich abfallen. Kurs egal, hauptsache das Boot bleibt in Fahrt. Fünfter an der ersten Tonne— damit kann man arbeiten. Downwind wieder weit raus nach Links in den minimalen Wind rein, und immer wieder mit großen S-Kurven anluven und ein bisschen Power ins Boot bringen. Bloß nicht stehen bleiben! Die Technik war wohl nicht verkehrt, am Ende noch Platz 2 rausgeholt.

Mittlerweile gut eingegrooved, startete ich ganz gut in Wettfahrt zwei. An der zweiten Luvtonne sogar zwischenzeitig in Führung. Dann erstmalig Mist gebaut— nach Tonnenberührung und Strafkringel doch wieder Zweiter. 

In Wettfahrt drei dann ein kleiner Durchhänger— verkorkster Start, also nur vierter. 

Das musste dann in Wettfahrt 4 wieder gutgemacht werden, und der arme Steve aus Berlin musste dran glauben— kurz vorm Start etwas zu nahe gekommen, prompt von mir hochgedrückt. Genau diese Aktion verschaffte mir dann den Platz für einen Bilderbuch-Start. Mit Vollgas vorne raus und gleich wieder nach Links. Da die einzige Bö des Tages erwischt, die zum ausreiten reichte, und den Vorsprung ordentlich ausgebaut. Erster an Tonne 1, dann an Tonne 2. An Tonne 3 dann plötzlich keine Konkurrenz mehr in Sicht. Bin ich etwa falsch gefahren??? Kann nicht sein, also weiter. Bei der Zieldurchfahrt dann das erlösende Tröten der Wettfahrtleitung— alles richtig gemacht. Vorsichtshalber nochmal nachgefragt— OCS war ich auch nicht. Trotzdem: über 2.5 Minuten Vorsprung auf den Zweiten und damit insgesamt Tagessieger. Der an Land wartenden Burger auf der Regatta Party war absolut verdient.

Wir hatten einen wahnsinnig schönen Abend— unsere Niederländischen Gastgeber sorgten für beste Stimmung und sattes Essen, alle hatten gute Laune, und von Corona Sorgen war keine Spur.

Dann Tag 2: bereits um neun der erste Start um eventuell vom frischen morgendlichen Wind noch was mitzunehmen. Der war dann aber doch nicht so spannend wie erhofft, also wieder ein Lightwind Day. In der fünften Wettfahrt wurde mit meinem Niederländischen Widersacher um jeden millimeter gekämpft, leider im Entscheidenden Moment mit Steuerbordbug-Nachteil für mich. Und irgendwie hatte sich die Belgierin von Platz vier im Ranking auch noch dazwischen geschoben— für mich also nur Platz drei bei der Wettfahrt. Innerlich war ich schon furios am rechnen— ab jetzt wurde nämlich ein Ergebnis gestrichen. Damit war ich wieder auf Platz zwei abgerutscht, und mein Vorsprung auf den Dritten dezimiert. Jetzt kommt‘s also drauf an.

Wettfahrt sechs: wieder den Start verpennt, aus der zweiten Reihe losgefahren. Mit Ächzen und Stöhnen irgendwie noch einen dritten Platz rausgeholt. Das innere Rechnen wurde noch furioser.

Nun war Schluss mit lustig. Der Niederländer war offenbar auch am Ergebnisse zählen, und wollte den Sack zu machen. In Wettfahrt sieben lieferten wir uns von Start bis Ziel ein privates Kopf an Kopf rennen, angespornt jeweils vom Boatspeed des anderen— der Rest der Flotte in weiter Ferne achteraus. Wieder hatte der Kerl die Nase vorn, die Sache war so gut wie entschieden.

Gut, dann also eine Ehrenrunde in Wettfahrt acht, und noch einmal meinen Vorsprung vor den beiden Belgiern verteidigen. Die waren aber fast nicht mehr das Problem: im laufe des Tages hatte sich die ganze Flotte, die ohnehin schon alle sehr schnell waren, nochmal so derbe weiter verbessert, dass wir plötzlich zu fünft oder sechst downwind um die Führung kämpften. Mit dem aller-allerletzten bisschen Wind vor der totalen Flaute wurde es dann noch einmal ein zweiter Platz.

Damit bin ich also insgesamt zweiter hinter dem Niederländer Shivam Ramdas— wäre ja auch komisch, wenn ein Deutscher die Niederländische Meisterschaft gewinnen würde. Aber auch mit Silber bin ich zufrieden. Das war nochmal eine schöne Entwicklung gegenüber der IDM in Travemünde, und zeigt, dass die Deutschen RS Aero Segler auch international weiterhin gut mithalten können.

Trotz mangel an Wind war es eine fantastische Regatta, mit einem hochkarätigem Teilnehmerfeld aus NED, GER, BEL, FRA und GBR. Von den 22 Startern haben ganze ZWÖLF mindestens eine Wettfahrt unter den ersten Fünf abgeschlossen. Es wurde kein Platz verschenkt und von jedem alles abgefordert. Das ganze wurde perfekt organisiert von der Wettfahrtleitung und dem lokalen RS Sailing Distributeur Aquavitesse. Ein großes Dankeschön gilt meinem Hamburger Trainingspartner Tim Striewski, der verletzungsbedingt statt als Segler, als Fotograf aktiv war. Seine Fotos findet ihr hier: https://www.pictrs.com/m/rssailing?l=de

Da drüben in den Niederlanden kann man also ganz gut segeln— nächstes Jahr komme ich gerne wieder…Hoffentlich sind bis dahin die Baustellen auf der Autobahn weg…